28.10.2020 07:09 â Thomas Angeli
Die unendliche Geschichte um ein Lobbyistenregister geht in eine neue Runde. Besser wird es damit nicht, im Gegenteil.
Jeder Vorstoss in den eidgenössischen RĂ€ten trĂ€gt eine Nummer, die mit der zweistelligen Zahl des Jahres beginnt, in welchem der Vorstoss eingereicht wurde. Bei der Parlamentarischen Initiative von alt StĂ€nderat Didier Berberat fĂŒr «Eine Regelung fĂŒr transparentes Lobbying im eidgenössischen Parlament» ist das die 15. Seit nunmehr fĂŒnf Jahren schieben National- und StĂ€nderat das unangenehme GeschĂ€ft nun hin und her.
Das ursprĂŒngliche Anliegen Berberats war es, endlich das instransparente System abzuschaffen, wonach jedes Ratsmitglied nach eigenem GutdĂŒnken zwei Zutrittsausweise an x-beliebige Personen vergeben darf: Familienangehörige, Verbandsvertreterinnen oder Lobbyisten â und dies de facto ohne Kontrolle. Berberat verlangte in seiner Initiative die Abschaffung dieser Regelung und die EinfĂŒhrung eines offiziellen Akkreditierungssystems fĂŒr Lobbyisten. Sprich: Wer gewisse Kriterien erfĂŒllt, erhĂ€lt Zutritt zum Bundeshaus. Ein solches System ist seit Jahren fĂŒr Medienschaffende im Einsatz und funktioniert problemlos.
Im Fall der Lobbyisten wĂŒrde das heissen: Weg vom Göttisystem, hin zu einem öffentlichen Register, in dem verzeichnet ist, wer in wessen Auftrag im Bundeshaus unterwegs ist. Das war nach dem Geschmack der Mehrheiten in National- und StĂ€nderat bisher zu viel Transparenz â und wird es auch bleiben. Denn was am kommenden Freitag im Nationalrat debattiert wird, hat nur noch entfernt damit zu tun, was Initiant Berberat einst verlangt hatte â und damals eine Mehrheit des StĂ€nderats hinter sich vereinte.
So schlĂ€gt die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) nun vor, dass jedes Ratsmitglied nur noch je einen Badge an ein Familienmitglied, respektive an einen persönlichen Mitarbeiter vergeben darf. Lobbyistinnen und Vertreter von Firmen, VerbĂ€nden oder anderen Interessengruppen kĂ€men nur noch als Tagesbesucher von Ratsmitgliedern ins Bundeshaus. Dazu mĂŒssten sie jedoch angeben, fĂŒr welches Thema und in wessen Auftrag sie unterwegs sind. Diese Angaben wĂŒrden in einem öffentlich einsehbaren Register verzeichnet. Persönliche Mitarbeiter, die als Lobbyisten tĂ€tig sind, mĂŒssten sich ebenfalls in dieses Register eintragen, nicht aber Familienangehörige.
Es fÀllt schwer, bei diesem Vorschlag nur die allerwichtigsten Schwachstellen aufzuzeigen, so zahlreich sind sie:
Einen Punkt, der die Lobbyistinnen und Lobbyisten besonders stört, haben sie sich vermutlich auch zu einem Teil selber zuzuschreiben: Sie sind im Bundeshaus omniprĂ€sent und werden nicht selten als aufsĂ€ssig empfunden. Nach dem Vorschlag der Staatspolitischen Kommission wĂ€ren die Wandelhalle und die Vorzimmer der RĂ€te fĂŒr sie kĂŒnftig tabu. «Dann mĂŒssen wir GesprĂ€che im Treppenhaus oder im CafĂ© Valloton im Bundeshaus fĂŒhren», sagt Reto Wiesli, PrĂ€sident der Schweizerischen Public Affairs Gesellschaft (SPAG): «Stellen Sie sich das GedrĂ€nge dort vor! Das dauert zwei Tage, und dann wird auch das das CafĂ© Valloton wegen Ăberlastung fĂŒr Lobbyisten gesperrt.»
FĂŒr die linken und grĂŒnen Ratsmitglieder ist der Vorschlag der Kommission so etwas wie der Spatz in der Hand, weil die Taube auf dem Dach â ein Lobbyistenregister, das den Namen verdient â unerreichbar scheint. FĂŒr die BĂŒrgerlichen ist es eine elegante Lösung, um das leidige Thema ein weiteres Mal vom Tisch zu haben. Und fĂŒr Lobbyisten wie Reto Wiesli ist der Vorschlag «ein Riesengebastel, völlig untauglich». Die SPAG hat denn auch in bester Standesmanier reagiert: mit GesprĂ€chen, mit einem Brief an alle Ratsmitglieder, und mit einem Brief an alle GĂ€ste der Ratsmitglieder.