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KorruptionsbekĂ€mpfung: RĂŒffel fĂŒr die Schweiz 

30.05.2023 19:01 – Balz Oertli

Die Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) kritisiert die Schweiz einmal mehr: Parlamentarier:innen sollten endlich deklarieren, wie viel sie mit ihren NebeneinkĂŒnften verdienen.

Den Medien war der neuste Bericht der Staatengruppe gegen Korruption (Greco) nur eine kurze Meldung wert. Doch die Meldung hat es in sich: In einem Nachtrag zum zweiten KonformitĂ€tsbericht kommt die Staatengruppe zu einem vernichtenden Urteil: Sie stelle keinen Fortschritt fest, noch immer habe die Schweiz die Mehrheit der Empfehlungen zur PrĂ€vention von Korruption nicht hinreichend umgesetzt. Die GRECO ist eine Institution des Europarats und umfasst 50 Mitgliedsstaaten. Sie ĂŒberwacht die Einhaltung der Antikorruptionsstandards des Europarats und ĂŒberprĂŒft regelmĂ€ssig die Resilienz seiner Mitglieder gegenĂŒber Korruption. 2017 veröffentlichte die GRECO einen Evaluatiosbericht zur «PrĂ€vention von Korruption bei Mitgliedern von Parlamenten, Gerichten und Staatsanwaltschaften» in der Schweiz.

Nur 5 von 12 Empfehlungen umgesetzt. Mit dem jetzt erschienenen Nachtrag hat die GRECO bereits zum dritten Mal ĂŒberprĂŒft, wie weit die Schweiz die zwölf Empfehlungen der Evaluation umgesetzt hat. Auch sechs Jahre spĂ€ter erfĂŒllt die Schweiz nur gerade mal fĂŒnf dieser Empfehlungen ganz oder teilweise. Beim Rest bleibe Handlungsbedarf, kritisiert die GRECO. In Bezug auf National- und StĂ€nderat sieht sie keine wesentlichen VerĂ€nderungen. Weder gebe es eine spezifische Beratungsstelle fĂŒr IntegritĂ€tsfragen, noch erhielten Parlamentarier:innen eine Schulung zum Thema. Dies sei problematisch, als bereits im Evaluationsbericht von 2017 darauf hingewiesen wurde, «dass die Parlamentarier fĂŒr ethische Fragen nicht sehr sensibilisiert waren».

Immer noch keine Transparenz bei EntschĂ€digungen. Interessant sind die ErlĂ€uterungen zu Empfehlung IV – Transparenz bei EntschĂ€digungen der TĂ€tigkeiten von Parlamentarier:innen. Neu seit der letzten ÜberprĂŒfung sei einzig, dass die Ratsmitglieder regelmĂ€ssig daran erinnert wĂŒrden, ihre deklarierten Interessenverbindungen zu aktualisieren. Moniert wird aber, dass die Angaben dieser Selbstdeklaration nicht ĂŒberprĂŒft wĂŒrden.

Der wohl wichtigste Kritikpunkt der Staatengruppe: National- und StĂ€nderĂ€t:innen mĂŒssen noch immer nicht angeben, wie viel sie mit ihren ausseramtlichen TĂ€tigkeiten verdienen. Das ist ein VersĂ€umnis, das Lobbywatch seit langem kritisiert. «Lobbywatch fordert seit Jahren, Parlamentsmitglieder sollten ihre EntschĂ€digungen aus GrĂŒnden der Transparenz offenlegen», so Co-PrĂ€sident Otto Hostettler. Aktuell sind Ratsmitglieder lediglich dazu verpflichtet anzugeben, ob ihre TĂ€tigkeiten bezahlt oder ehrenamtlich ausgefĂŒhrt werden. Hostettler ergĂ€nzt: «Immerhin legte bei der letzten Erhebung von Lobbywatch mehr als die HĂ€lfte der neuen Parlamentsmitglieder ihre EinkĂŒnfte offen.» 2020 schrieb Lobbywatch alle neu gewĂ€hlten Parlamentarier:innen an, ihre NebeneinkĂŒnfte freiwillig offenzulegen. 46 von 79 NeugewĂ€hlten kamen der Bitte nach. Doch wie auch die GRECO in ihrer Evaluation betont, reicht eine zivilgesellschaftliche Kontrolle allein nicht aus. Ein Parlament mĂŒsse ihr eigenes System zur Kontrolle erschaffen.

Positive Schritte bei den Richter:innen und Parteienfinanzierung. Schritte in die richtige Richtung sieht die GRECO wĂ€hrenddessen bei den Gerichten. Unter anderem lobt sie die BemĂŒhungen von Bundespatent- und Bundesverwaltungsgericht, sich selbst einen Verhaltenskodex aufzuerlegen. Sie moniert aber zugleich, dass Mandatssteuern und Parteispenden von Richter:innen weiterhin erlaubt seien. Nur am Rande erwĂ€hnt die GRECO im Gegensatz zu frĂŒheren Berichten die Transparenz bezĂŒglich der Parteien- und Kampagnenfinanzierung. Diesen Punkt hatte die GRECO zuvor jahrelang kritisiert. Mit der Umsetzung der Verordnung ĂŒber die Transparenz bei der Politikfinanzierung mĂŒssen die Kandidierenden fĂŒr die nationalen Wahlen im Herbst ein erstes Mal ihre Finanzen (teilweise) offenlegen. Es wird sich zeigen, ob die verabschiedeten Regeln ausreichend Transparenz bei der Politikfinanzierung herstellen, sodass sie im nĂ€chsten Bericht der GRECO positiv erwĂ€hnt werden.