29.01.2018 06:16 â Thomas Angeli
Die Staatspolitische Kommission des StĂ€nderats zeigt viel Wille â zur Intransparenz. Sie will kein Lobbyistenregister und schlĂ€gt nun eine Alibilösung vor.
Manchmal möchte man lieber nicht Recht haben. «Jubel verfrĂŒht», schrieb Lobbywatch, als der StĂ€nderat im MĂ€rz 2016 eine parlamentarische Initiative von Didier Berberat (SP, NE) annahm und damit den Weg frei machte fĂŒr ein Lobbyistenregister im Bundeshaus. Als HĂ€rtetest fĂŒr den Vorstoss orteten wir damals die Debatte in der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats, doch dort passierte die Initiative ohne viel Gegenwehr.
FragwĂŒrdig verhielt sich jedoch stĂ€nderĂ€tliche Kommission, als sie einen Gesetzesvorschlag ausarbeiten sollte: Sie wollte die Forderung des Neuenburger StĂ€nderats Berberat still und leise versenken â angeblich weil ein Lobbyistenregister zu kompliziert sei und laut dem damaligen KommissionsprĂ€sidenten Peter Föhn (SVP, SZ) «keinen Mehrwert» bringe. Doch der StĂ€nderat beharrte darauf: Die Kommission musste gegen ihren Willen einen Gesetzesvorschlag ausarbeiten, und dieser liegt jetzt vor.
Das Fazit ist ernĂŒchternd: Die Staatspolitische Kommission des StĂ€nderats (SPK-S) will am bestehenden System ganz offensichtlich nur gerade soviel Ă€ndern, dass man ihr keine Arbeitsverweigerung vorwerfen kann. Die wichtigsten Punkte:
Das bestehende, oft kritisierte «Götti-System», bei dem jedes Ratsmitglied zwei GĂ€sten den Zutritt in die Wandelhalle gewĂ€hren kann, soll nur minimal verĂ€ndert werden. Als Neuerung schlĂ€gt die Kommission vor, dass jeder Parlamentarier nur noch einen Interessenvertreter mit einem Badge ausstatten darf. Ein zweiter Ausweis dĂŒrfte an Familienmitglieder oder persönliche Mitarbeiterinnen verteilt werden. Das ist â mit Verlaub â ein Witz. Schon heute gehen im Bundeshaus als «persönlicher Mitarbeiter» oder «Gast» getarnte Lobbyisten ein und aus.
Thomas KĂ€hr etwa, Leiter Corporate Communications bei der Baloise Versicherung und «persönlicher Mitarbeiter» von Alex Kuprecht (SVP, SZ). Oder Rudolf Horber, GeschĂ€ftsfĂŒhrer von Swiss Label und «persönlicher Mitarbeiter» von Sylvia FlĂŒckiger-BĂ€ni, um nur zwei Beispiele zu nennen. Eine Regelung, wonach ein Badge persönlichen Mitarbeitern vorbehalten sein soll, lĂ€sst einfach deren Anzahl explodieren. Statt Transparenz herrscht kĂŒnftig noch mehr Interansparenz.
Lobbyisten mĂŒssten gemĂ€ss dem neuen Vorschlag immerhin ihren Auftraggeber «sowie die einzelnen AuftrĂ€ge anzugeben, fĂŒr welche sie im ParlamentsgebĂ€ude tĂ€tig sind». Ein Register mit diesen Angaben soll öffentlich zugĂ€nglich sein. Welche Interessenvertreter ins Bundeshaus gelangen, bestimmen aber ĂŒber das «Götti-System» immer noch die Parlamentarier. Von einer zentralen Stelle, die die Ausweise auf Antrag vergeben sollte, will die StĂ€nderatskommission nichts wissen.
Eine weitere Dunkelkammer soll ebenfalls bestehen bleiben: Die Namen von Besuchern, die mit so genannten Tagesausweisen ins Bundeshaus gelangen, wĂŒrden weiterhin nirgendwo veröffentlicht. Heute schwirren wĂ€hrend einer Session Hunderte von unbekannten Personen durch die nichtöffentlichen Bereichen des Bundeshauses â kein Mensch kontrolliert, mit welchen Interessen sich diese Besucher in der Wandelhalle tummeln.
FĂŒr Lobbywatch ist klar: Der Vorschlag der StĂ€nderats-Kommission ist eine AlibiĂŒbung und gaukelt eine Transparenz vor, die in der RealitĂ€t das Gegenteil bewirken wird. National- und StĂ€nderat kommen nicht um ein effektives Lobbyistenregister herum. So wie es etwa die EU vormacht.