27.02.2017 05:01 â Thomas Angeli
Eigentlich sollte er neben Politikern auch mal Lobbyisten aufs Korn nehmen, meint der Kabarettist BÀnz Friedli. Aber sie wÀren eine Herausforderung.
Herr Friedli, eines Ihrer Programme hiess «Sy no Frage?». Gibt es Fragen, die Sie gern mal einen Lobbyisten stellen möchten?
BĂ€nz Friedli: Wie das ist, wenn man morgens in den Spiegel schaut. Als ehemaliger Journalist interessieren mich vor allem frĂŒhere Berufskollegen, die heute als Lobbyisten arbeiten. Ich wĂŒsste gern, wie sich das anfĂŒhlt, wenn man die Seite wechselt und quasi das Gegenteil von dem macht, das man frĂŒher machte. Das ehrbare Motiv des Journalisten ist ja, möglichst die Wahrheit zu aufzuzeigen, ein Lobbyist will die Wahrheit oft möglichst verschleiern.
Sie waren ja als Journalist auch der Wahrheit verpflichtet, und jetzt persiflieren Sie sie einfachâŠ
Ich bin zu sehr Journalist geblieben, um etwas zu erfinden. Das braucht man auch nicht, denn die Wahrheit ist so absurd, dass man sie einfach nur nacherzĂ€hlen muss. Es gibt jede Woche neue MĂŒsterchen, die man einfliessen lassen kann. Das muss nicht nur Herr Darbellay sein, der mit seinem Privatleben fĂŒr Heiterkeit sorgt. Auch andere Politikerinnen und Politiker predigen das Eine und tun das Andere. Das fĂ€ngt an mit diversen Zweitwohnungen exponierter SP-Mitglieder und einer SP-BundesrĂ€tin, die ja jetzt auch eine Zweitwohnung hat âŠ
Und das Publikum nimmt Ihnen ab, dass Sie gar nichts erfinden?
Es begehrt jedenfalls nicht auf âŠÂ Nur kĂŒrzlich in DĂŒbendorf rief plötzlich ein Zuschauer: «Jetzt lĂŒgt er aber, nĂ€i, so en SchiisdrĂ€ck», als ich etwas darĂŒber erzĂ€hlte, wie mit viel öffentlichem Geld die UBS gerettet worden war, wĂ€hrend die Gewinne privat blieben. Ich verglich das damit, wie die Ăffentlichkeit dereinst den RĂŒckbau der AKWs finanzieren wird, weil die Stromkonzerne pleite sein werden, nachdem sie jahrelang fette Gewinne eingestrichen haben â Gewinne privat, Verluste zulasten der Ăffentlichkeit. Aber normalerweise kommt im Theater wenig Widerspruch.
Lobbyisten sind ja im Kabarett immer wieder ein Thema. Bei Ihnen auch?
Bisher konzentrierte ich mich auf die Politiker, also die Akteure im Vordergrund. Dabei zeigen ja die Daten von Lobbywatch, dass diese Akteure hĂ€ufig eher Marionetten sind. Die Konzerne bestimmen zunehmend den Gang der Welt, da brĂ€uchten wir unabhĂ€ngige Politiker, die dagegenhalten. Stattdessen werden diese Politiker von den Konzernen «gefĂŒttert» âŠÂ Deshalb ist auch die Arbeit von Lobbywatch so wichtig. Abgesehen davon, dass es fĂŒr mich praktisch ist. Wenn ich zum Beispiel fĂŒr eine Satiresendung am Radio recherchiere, kann ich einfach nachschauen, wer wo mit wem und warum. Aber, stimmt, eigentlich mĂŒsste ich mir mal diese Strippenzieher vornehmen. Als Kabarettist sind sie fĂŒr mich eine viel grössere Herausforderung, denn «die im Dunkeln sieht man nicht âŠÂ». Wenn ich mich ĂŒber Boris Johnson lustig mache oder ĂŒber den Herrn in Amerika, dann wissen alle, wer gemeint ist. Bei Lobbyisten ist das schwierig, weil man sie kaum kennt.
Bei Lobbywatch wollen wir unsere Daten visualisieren. Wenn wir einmal so weit sind: Wen schauen Sie als erstes nach?
JĂŒrg Wildberger wĂŒrde mich zum Beispiel interessieren. Der war mein Chef bei einer Publikation, die den schönen Titel «Facts» trug. Heute versucht er meines Wissens zum zweiten Mal, uns den Gripen zu verkaufen. Mich wĂŒrde interessieren, was einer, der sich mal den Fakten verpflichtet hatte, in Zeiten von «alternative Facts» und «Fake News» so treibt. Und da der Atomausstieg eines meiner Lieblingsthemen ist, werde ich mir die Verbindungen von Albert Rösti anschauen, um vielleicht zu erfahren, wer ihm die Flause von den «sicheren Kraftwerken der vierten Generation, die gegen innen implodieren», in den Kopf gesetzt hat. Auf so etwas kommt ja kein vernĂŒnftiger Mensch von allein. Nicht nachschauen mĂŒssen werde ich Frau Rickli. Sie ist ja sozusagen die einzige Lobbyistin, die gleich selber im Parlament sitzt und arbeitet als Vertreterin von Goldbach Media daran, die SRG zu massakrieren â ganz und gar transparent.
BÀnz Friedli ist Kabarettist und tourt zurzeit mit seinem Programm «Ke Witz! BÀnz Friedli gewinnt Zeit» durch die Schweiz.
www.baenzfriedli.ch
Bild: Vera Hartmann
Transparenz ist nicht gratis. Lobbywatch.ch arbeitet derzeit an einer völlig neuen Darstellung von Interessenverstrickungen in der Politik. Wir wollen auf einen Blick ersichtlich machen, welche Politiker am GĂ€ngelband welcher Lobbygruppe hĂ€ngt und welche Branche ĂŒber welche KanĂ€le mit dem Bundeshaus verbunden sind. FĂŒr diese Visualisierung fehlen uns 15â000 Franken. Deshalb haben wir auf wemakeit.com eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Helfen Sie mit und sorgen Sie mit Ihrer Spende fĂŒr mehr Transparenz.
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