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FĂŒr Lobbys macht der StĂ€nderat fast alles

14.12.2021 07:01 – Thomas Angeli

Der StÀnderat hat es diese Woche in der Hand, das parlamentarische System zu reformieren. Alles deutet darauf hin, dass er die Chance verstreichen lÀsst.

Keine Lobbymandate fĂŒr Kommissionsmitglieder: Auf diese kurze Formel lĂ€sst sich die Parlamentarische Initiative 19.414 des Mitte-StĂ€nderats Beat Rieder bringen. Der Walliser Rechtsanwalt verlangt nichts weniger als ein «absolutes Verbot» fĂŒr die Annahme von Mandaten von Unternehmen und Organisationen, «die von rechtlichen Regelungen betroffen sein könnten, fĂŒr deren Beratung diejenigen Kommissionen zustĂ€ndig sind, denen das Ratsmitglied angehört».

Etwas weniger kompliziert ausgedrĂŒckt: Mitglieder der Gesundheitskommission dĂŒrften beispielsweise fortan nicht mehr im Verwaltungsrat einer Krankenkasse sitzen. Oder wer Mitglied in der Umwelt- und Energiekommission ist, dĂŒrfte weder im Vorstand einer Umwelt-Organisation, noch im Verwaltungsrat eines Energieversorgers sein. Und offizielle Akteure des Bauernverbands hĂ€tten in der Kommission fĂŒr Wirtschaft und Abgaben (WAK) nichts mehr zu suchen.

Eine Datenanalyse von Lobbywatch zeigte im letzten Sommer, dass Unternehmen und Organisationen tatsÀchlich gern und oft Geld in die Hand nehmen, um jene Mitglieder von National- und StÀnderat einzuspannen, die aus ihrer Sicht in der richtigen Kommission sitzen. Die Lobbywatch-Analyse zeigte auch: In den Gesundheitskommissionen der beiden RÀte sitzen nicht weniger als zwölf Mitglieder, die bezahlte Mandate bei Krankenkassen oder BranchenverbÀnden innehaben.

Rieder will mit seinem Vorstoss die GlaubwĂŒrdigkeit des Parlaments stĂ€rken, wie er in einem Interview mit Lobbywatch betonte. Erstaunlicherweise sahen das die Mitglieder der Staatspolitischen Kommissionen von National- und StĂ€nderat ein: Beide Kommissionen ĂŒberwiesen den Vorstoss, womit eigentlich ein Gesetzesartikel ausgearbeitet werden mĂŒsste. Davon will jetzt aber die Kommission des StĂ€nderats plötzlich nichts mehr wissen. Mitte Oktober schwenkte sie um und empfiehlt der kleinen Kammer nun, die Initiative am Donnerstag abzulehnen. Dass Rieder in seine Initiative diverse Ausnahmen einbaute – etwa fĂŒr hauptberufliche TĂ€tigkeiten fĂŒr Lobbys oder fĂŒr Mandate, die schon lĂ€nger bestehen – vermochte die Kommission nicht zu ĂŒberzeugen.

Die Argumente klingen seltsam vertraut. Sie werden in den eidgenössischen RĂ€ten seit Jahren bemĂŒht, wenn es darum geht, den Einfluss von Lobbys zu beschrĂ€nken. In der Medienmitteilung nach der Kommissionssitzung ist von «Fragen bezĂŒglich ihrer VerhĂ€ltnismĂ€ssigkeit» die Rede, von einer «Ungleichbehandlung der Ratsmitglieder» und davon, dass die Initiative «zu viele Auslegungs- und Anwendungsprobleme» mit sich bringe.

Eine Annahme der Parlamentarischen Initiative wĂŒrde das parlamentarische System aber deutlich stĂ€rken. Kommissionsmitglieder mĂŒssten sich nicht mehr rechtfertigen, warum sie sechsstellige Summen von Organisationen beziehen, deren TĂ€tigkeit sie in Gesetzen regeln. Sie wĂ€ren jedoch weiterhin frei, bezahlte Mandate anzunehmen – mĂŒssten dann aber auf die Einsitznahme in gewissen Kommissionen verzichten. Lobbys könnten sich damit Einfluss auf die Entstehung von Gesetzen nicht mehr so einfach kaufen, wie dies heute der Fall ist.

Die Angst vor dieser einschneidenden VerĂ€nderung ist jedoch offensichtlich gross im StĂ€nderat. Am Donnerstag entscheidet sich, wie viel der Kleinen Kammer ihre eigene GlaubwĂŒrdigkeit wert ist.

Udate 16.12.2021: Das GeschĂ€ft wurde auf die FrĂŒhlingssession verschoben.