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It’s the system, stupid!

02.09.2019 08:17 – Thomas Angeli

Die Operation Libero unterstĂŒtzt bei den Wahlen nur Kandidierende, die sich zu ihren Zielen bekennen. Die Aufregung darĂŒber zielt am eigentlichen Problem vorbei.

Nach diversen gewonnen Abstimmungen will die Operation Libero nun auch bei den kommenden Wahlen die Schweiz aufmischen. Auf www.wandelwahl.ch prĂ€sentiert sie deshalb eine Liste von Kandidatinnen und Kandidaten aus unterschiedlichen Parteien. Allen gemeinsam: Sie haben eine ErklĂ€rung unterschrieben, in der sie sich zu verschiedenen Zielen der Operation Libero bekennen, etwa zu Europa, zur Ehe fĂŒr Alle oder zu einer liberalen BĂŒrgerrechts- und Migrationspolitik. Nur wer unterschreibt, wird von der Operation Libero zur Wahl vorgeschlagen, wie die «Woz» enthĂŒllt. Stolze 1.5 Millionen Franken will die Operation Libero laut «WoZ» fĂŒr die Kampagne aufwerfen. Die linke Wochenzeitung empörte sich nicht als einzige ĂŒber Verpflichtung und Kampagne.

Man kann fĂŒr oder gegen die Ziele der Operation Libero sein. Was man ihr jedoch nicht vorwerfen kann, ist, dass sie illegal handelt. Was der politische Stosstrupp mit der Kampagne tut, ist a) legal und b) in der Schweiz Usus. Und selbst das angebliche Budget fĂŒr die Kampagne fĂ€llt nicht aus dem Rahmen. Beispiele gefĂ€llig?

  • Philippe Nantermod (FDP, VS) erklĂ€rte 2016 gegenĂŒber dem welschen Fernsehen freimĂŒtig, dass er von auto-schweiz 1000 Franken an seine Wahlkampagne erhalten habe, indem er sich fĂŒr den Bau einer zweiten Gotthard-Röhre und fĂŒr die Milchkuh-Initiative ausgesprochen habe.

  • Sebastian Frehner (SVP, BD) wurde im Wahlkampf 2011 unter anderem vom Arbeitgeberverband beider Basel mit einem «mittleren vierstelligen Betrag» unterstĂŒtzt, wie der «Beobachter» berichtete. Kaum gewĂ€hlt, grĂŒndete Frehner die Parlamentarische Gruppe Region Basel», die auch die Interessen des Arbeitgeberverbands vertritt.

  • Oder der Schweizer Musikrat: Am 11. September lĂ€dt die Interessengruppe Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu einem gediegenen Mittagessen in die Schmiedstube in Bern ein. Ein wichtiger Programmpunkt dabei: die Unterzeichnung einer «Charta». Wer unterschreibt, wird vom Musikrat im Wahlkampf zumindest ideell unterstĂŒtzt und ab Mitte September auf der Website clap4culture.ch aufgefĂŒhrt.

Die Liste liesse sich beliebig verlĂ€ngern. Klar ist: Solche Verpflichtungen und Verflechtungen sind in der Schweiz ausdrĂŒcklich erlaubt. Mit Ausnahme des prĂ€zise umschriebenen Korruptionsstraftatbestands fehlen schlicht die Gesetze, die sie verbieten wĂŒrden.

Klar ist aber auch: Wenn sich Politikerinnen und Politiker gegenĂŒber VerbĂ€nden, Organisationen und Unternehmen als Gegenleistung fĂŒr WahlkampfunterstĂŒtzung zu bestimmten Positionen verpflichten, handeln sie zumindest moralisch fragwĂŒrdig. Ob es sich dabei um einen Wirtschaftsverband, eine Umweltorganisationoder eine politische Bewegung handelt, spielt dabei keine Rolle.

Bedenklich ist jedoch, dass die Operation Libero erst Mitte September informieren will, woher die angepeilten 1.5 Millionen fĂŒr die Wahlkampagne kommen. Bisher legte die Politorganisation ihre Mittel und deren Herkunft in den Jahresberichten geradezu vorbildlich offen. Wenn die Operation Libero nun plötzlich auch um den heissen (Finanz-)Brei herumredet, dann zeigt das bedauerlicherweise nur eines: Dass die neue Kraft in der Schweizer Politik mittlerweile tief im helvetischen Courant normal angekommen ist.