20.02.2017 05:01 â Thomas Angeli
Die Bevölkerung wolle wissen, wer mit welchen Finanzen auf die Politik Einfluss nimmt, sagt SP-NationalrÀtin Nadine Masshardt. Das Parlament habe jedoch Angst vor Transparenz.
Frau Masshardt, was braucht es, wenn jemand Sie als NationalrĂ€tin von einem Anliegen ĂŒberzeugen möchte?
Nadine Masshardt: Wer mich erst wĂ€hrend einer Debatte ĂŒberzeugen will, ist in den allermeisten FĂ€llen ohnehin zu spĂ€t. GrundsĂ€tzlich folge ich meinen intrinsischen Ăberzeugungen. Klar, die Politik braucht den Input von Lobbyisten. Ich bin auch immer mal wieder dankbar fĂŒr Informationen. Aber ich will wissen, woher diese stammen, mit welcher Motivation sie verbreitet und von wem sie bezahlt werden.
Jedes Parlamentsmitglied kann zwei Zutrittsausweise zum Bundeshaus vergeben. Stimmt es, dass National- und StÀnderÀte diese Ausweise an Lobbyisten verkaufen?
Das weiss ich nicht. Ich habe nie ein derartiges Angebot erhalten. Das wÀre ein absolutes No-Go.
Gibt es gute Lobbyisten und schlechte Lobbyisten?
Gute Lobbyisten sagen von Anfang an, fĂŒr wen sie arbeiten. Sie machen aber nicht nur ihren Arbeitgeber transparent, sondern auch das Anliegen, fĂŒr das sie arbeiten und wie sie dafĂŒr bezahlt werden. Das sind die Spielregeln und daran mĂŒssen sie sich halten. Leider ist dies aber nicht immer der Fall, hier gibt es noch Verbesserungspotenzial.
Sie sind PrÀsidentin des Initiativkomitees zur Offenlegung der Parteienfinanzierung. Weshalb hat es Transparenz in der Schweizer Politik so schwer?
Die Mehrheit im Parlament will einfach nichts wissen von Transparenz, irgendwie herrscht Angst. Seit den 1970er Jahren werden dazu immer wieder Vorstösse eingereicht, aber bisher wurden sie allesamt abgelehnt. In der Bevölkerung herrscht aber eine andere Meinung zu diesem Thema, das wissen wir aus Meinungsumfragen. WÀhlerinnen und WÀhler wollen wissen, wer mit welchen Finanzen Einfluss auf die Politik nimmt.
Weshalb haben Lobbyisten einen schlechten Ruf?
Weil es immer wieder Lobbyisten gibt, die die Spielregeln nicht einhalten. Es kommt beispielsweise wiederholt vor, dass bei den Parlamentsdiensten VerbandsfunktionĂ€re als «Gast» gemeldet sind. In letzter Zeit sind Lobbyisten diesbezĂŒglich aber etwas sensibler geworden.
Lobbywatch erarbeitet zurzeit eine neue Art der Visualisierung von Transparenz in der Politik. Bald ist diese neue Darstellung online. Welche Verbindung werden Sie zuerst nachschauen?
Sehr interessant finde ich die Krankenkassen, da wird typischerweise viel Lobbying betrieben. Ăberhaupt ist die Gesundheitsbranche spannend, weil hier viel Geld fliesst. Ein anderer Bereich, der mich auch interessiert, ist die Energiebranche.
Nadine Masshardt (SP) gehört seit 2013 dem Nationalrat an. Die Historikerin sitzt in der Staatspolitischen Kommission und prĂ€sidiert unter anderem das BĂŒndnis fĂŒr mehr Transparenz in der Politikfinanzierung. Ihre Interessenbindungen finden sich hier.
Transparenz ist nicht gratis. Lobbywatch.ch arbeitet derzeit an einer völlig neuen Darstellung von Interessenverstrickungen in der Politik. Wir wollen auf einen Blick ersichtlich machen, welche Politiker am GĂ€ngelband welcher Lobbygruppe hĂ€ngt und welche Branche ĂŒber welche KanĂ€le mit dem Bundeshaus verbunden sind. FĂŒr diese Visualisierung fehlen uns 15â000 Franken. Deshalb haben wir auf wemakeit.com eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Helfen Sie mit und sorgen Sie mit Ihrer Spende fĂŒr mehr Transparenz.
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