18.05.2024 08:54 â Balz Oertli
Seit kurzem sind die Budgets fĂŒr die Abstimmungen vom 9. Juni verfĂŒgbar: Hier geht es zum Ăberblick. Es wird mit dicken Portemonnaies gekĂ€mpft. FĂŒr die vier Abstimmungen sind insgesamt 10.1 Millionen CHF budgetiert. Das ist ein Drittel mehr als fĂŒr die Abstimmungen im MĂ€rz.
1.1 Stromgesetz klarer Frontrunner
Am teuersten werden die Kampagnen rund um das Stromgesetz, genauer das «Bundesgesetz ĂŒber eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien». Insgesamt gut 5.4 Millionen CHF sind budgetiert. GemĂ€ss den aktuellen Budgets will die Ja-Seite mit 4.1 Millionen investieren, die Nein-Seite hat bislang 1.3 Millionen veranschlagt. Dies sind aber erst die budgetierten Zahlen. Die KampagnenfĂŒhrenden mĂŒssen diese bei grösseren VerĂ€nderungen noch anpassen.
Und wer steckt hinter den Kampagnen? Gegen das Stromgesetz kĂ€mpft die SVP (0.5 Millionen), die Fondation Franz Weber (0.5 Millionen) und das BĂŒndnis fĂŒr Natur und Landschaft Schweiz (knapp 0.3 Mio.). Die Frage, mit wessen Geld sie in den Abstimmungskampf ziehen, wird nur teilweise beantwortet. Die SVP budgetiert ausschliesslich Eigenmittel, die Fondation Franz Weber veranschlagt zusĂ€tzlich zu den Eigenmitteln auch Spendengelder in der Höhe 100â000 CHF. Dabei soll es sich ausschliesslich um kleinere Spenden unter 15'000 CHF handeln, denn Einzelspenden weist die Stiftung keine aus. Einzig das BĂŒndnis fĂŒr Natur und Landschaft Schweiz gibt an, von der RĂŒtli-Stiftung 180'000 CHF erhalten zu haben sowie 70'000 CHF von Freie Landschaft Schweiz â einem Zusammenschluss diverser Windkraftgegner:innen.
1.2 Die Breite Allianz der BefĂŒrworter:innen
Die BefĂŒrworter:innen sind in diesem Punkt transparenter. Sie kĂ€mpfen aber auch mit weit mehr. FĂŒnf Kampagnen fĂŒr ein Ja zum Stromgesetz finden sich im Register der Eidgenössischen Finanzkontrolle EFK: Von der SP, den GrĂŒnen, Swissmem (der Verband der Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie), der Schweizerischen Energie Stiftung und einer breiten Allianz mit dem Namen «fĂŒr eine sichere Stromversorgung».
Die Spendenliste dieser Allianz ist interessant: Allein schon die Stromgrössen AXPO, Alpiq, BKW und der Verband VSE beteiligen sich mit insgesamt mehr als einer Million. Aber auch die Autoimporteure (Auto-Schweiz), die Erdölbranche (Avenergy) oder sogar die Stadt Lausanne haben gespendet. Unter den Spender:innen sind auch diverse Unternehmen, die der öffentlichen Hand gehören. So besitzt zum Beispiel der Kanton ZĂŒrich nicht nur die ElektrizitĂ€tswerke des Kantons ZĂŒrich EKZ (Spende von 50'000 CHF), sondern hĂ€lt auch einen Drittel der Aktien der Axpo. Vor einem Jahr hatten Spenden der Flughafen ZĂŒrich AG an kantonale Parteien im Vorfeld der Abstimmung ĂŒber eine PistenverlĂ€ngerung fĂŒr Kritik gesorgt. Der Flughafen ZĂŒrich schaffte diese Praxis daraufhin ab.
Spender:in | Betrag |
---|---|
Verband Schweizerischer ElektrizitÀtsunternehmen | 298'000.00 |
Alpiq | 260'143.00 |
Axpo | 255'440.00 |
BKW | 255'100.00 |
Aeesuisse (Dachverband erneuerbare Energien) | 173'200.00 |
Swissolar (Verband der Solarenergiebranche) | 141'000.00 |
Avenergy Suisse (Verband der Erdölbranche) | 100'000.00 |
Swisspower | 65'000.00 |
Romande Energie | 54'000.00 |
Economiesuisse (Dachverband der Wirtschaft) | 50'000.00 |
ElektrizitĂ€tswerke des Kantons ZĂŒrich | 50'000.00 |
Electricita svizzera italiana | 50'000.00 |
Groupe E | 50'000.00 |
Primeo Energie | 50'000.00 |
Repower | 35'000.00 |
Suissetec (GebÀudetechnikverband) | 31'500.00 |
auto-schweiz (Automobil-Importeure) | 30'000.00 |
Suisse Eole (Verband der Windenergiebranche) | 30'000.00 |
EBL (Genossenschaft Elektra Baselland) | 25'000.00 |
Service Industriels de GenĂšve | 25'000.00 |
St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerke | 25'000.00 |
Ville de Lausanne | 25'000.00 |
FMV | 25'000.00 |
enalpin | 15'000.00 |
1.3 Economiesuisse gegen PrÀmienreduktion
Aber auch um die KrankenkassenprĂ€mien wird mit viel Geld gestritten. WĂ€hrend die SP und der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB eine Kampagne fĂŒr die PrĂ€mienentlastungsinitiative fĂŒhren (knapp 800'000 CHF), kĂ€mpft die Mitte fĂŒr ihre Initiative, die Kostenbremse-Initiative, mit 320'000 CHF. Gegen beide wehrt sich eine «Nein-Allianz», die, wie sich bei genauerem Hinschauen herausstellt, zu einem sehr grossen Teil von der Economiesuisse finanziert ist. Gegen die Mitte-Initiative wurden im EFK-Register zwei Kampagnen offengelegt: Neben der Nein-Allianz kĂ€mpft auch der Verein «Gesundheitswesen mit Zukunft» gegen die Vorlage. Wessen Zukunft damit gemeint ist, zeigt ein Blick in die Statuten des Vereins : Es handelt sich um einen Zusammenschluss der VerbĂ€nde aller Medizinalberufe, vom Apothekerverband ĂŒber die Haus- und KinderĂ€rzte bis zum Spitalverband H+.
1.4 Das Geld+die Politik
Plakatkampagnen, MassenversĂ€nde, Social-Media: Politik ist teuer. Trotzdem sprach man hierzulande lange nicht darĂŒber, wie viel politische Kampagnen kosten und wer das bezahlt. Bis letzten Herbst: Dank den neuen Transparenzregeln mĂŒssen KampagnenfĂŒhrende und Parteien fĂŒr eidgenössische Kampagnen ĂŒber 50â000 CHF fortan das Budget, die Schlussrechnung, sowie Einzelspenden ĂŒber 15â000 CHF der eidgenössischen Finanzkontrolle melden, die sie veröffentlicht. Doch Zahlen allein machen keine Transparenz. Genauso wie die Interessenbindungen der Bundesparlamentarier:innen in einer Liste nachgeschlagen werden können, werden die Politikfinanzierungsdaten in einem einfachen Register veröffentlicht. Dieses ist nicht durchsuchbar, die Daten sind nicht bereinigt und lassen sich auch nicht aggregiert darstellen. Daher hat Lobbywatch zusammen mit dem Recherchekollektiv WAV, investigativ.ch und Opendata.ch das Projekt «das Geld+die Politik» gestartet. Auf www.moneyinpolitics.ch haben wir die Politikfinanzierungsdaten bereinigt, aufbereitet und fĂŒr alle einfach zugĂ€nglich gemacht. So können alle mit wenigen Klicks nachvollziehen, wer mit wie viel und vor allem mit wessen Geld politisiert in der Schweiz.