27.06.2019 15:07 â Thomas Angeli
Nun sag, wie hast duâs mit der Transparenz? Eine Auswertung von Lobbywatch zum Abstimmungsverhalten im Nationalrat zeigt Erstaunliches.
Nicht weniger als vier Vorstösse fĂŒr mehr Transparenz standen in der Sommersession auf der Traktandenliste des Nationalrats. Zwei davon wollten Licht in die eigenen Reihen des Parlaments bringen: die parlamentarische Initiative von Didier Berberat (SP, NE) fĂŒr ein Lobbyistenregister und diejenige von Katrin Bertschy (GLP, BE) fĂŒr mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung. Bertschy wollte erreichen, dass die BeitrĂ€ge des Bundes an die Fraktionen nur noch ausbezahlt werden, wenn die Parteien ĂŒber die erhaltenen Zuwendungen Rechenschaft ablegen.
Transparenz ganz wo anders will Hans-Ulrich Bigler (FDP, ZH). Er verlangt, dass Bundesangestellte ihre Interessenbindungen offenlegen mĂŒssen. Und Claudio Zanetti (SVP, ZH) wollte mit einer Art GewissensprĂŒfung von Bundeshaus-Journalistinnen und Journalisten erfahren, auf wessen Seite sie politisch stehen. Erfolg hatte letztlich nur Bigler. Der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands fand fĂŒr seinen Vorstoss eine Mehrheit.
Lobbywatch hat die Resultate der vier Abstimmungen genauer angeschaut und grafisch dargestellt. Dabei fĂ€llt auf dass die Ansichten, wo mehr Transparenz notwendig ist, sehr ungleich verteilt sind. FĂŒr mehr Transparenz bei Lobbyisten (PaIv Berberat), Parteifinanzen (PaIv Bertschy) und bei der Verwaltung (Motion Bigler) stimmten im Rat einzig vier Mitglieder der GLP-Fraktion. Alle ĂŒbrigen NationalrĂ€tinnen und -rĂ€te konnten sich maximal zu zwei Ja durchringen â oder lehnten drei oder gar alle vier Vorstösse ab. Die detaillierte Auswertung finden Sie hier.
Klare Fraktions-Meinungen gab es dabei bei der SP und der SVP. WĂ€hrend die SP zuerst vor der eigenen TĂŒr wischen will und den Vorstössen fĂŒr ein Lobbyistenregister und fĂŒr transparente Parteifinanzen einhellig zustimmte, war die Abneigung gegen ebendiese Vorstösse bei der SVP sehr deutlich: Nur fĂŒnf von 68 Fraktionsmitgliedern der Volkspartei stimmten fĂŒr das Lobbyistenregister. Die Forderung nach einer transparenten Parteifinanzen lehnte die SVP einstimmig ab.
Transparenz ja, aber bitte nicht bei mir: Etwa so lĂ€sst sich die Haltung der SVP insgesamt zusammenfassen. Denn fĂŒr die Vorstösse fĂŒr mehr Transparenz in der Verwaltung und fĂŒr die GesinnungsprĂŒfung fĂŒr Journalisten fand sich in der SVP-Fraktion mit Ausnahme von drei Enthaltungen einhellige Zustimmung.
Die Auswertung der vier Abstimmungen von Lobbywatch zeigt deutlich: Eine Regelung fĂŒr transparentes Lobbying und fĂŒr die Offenlegung der Parteifinanzen stossen derzeit nur bei der SP, den GrĂŒnen, der GLP und einer Minderheit der BDP auf Zustimmung. DafĂŒr will eine Mehrheit der BĂŒrgerlichen wissen, wer in der Verwaltung welche Interessenbindungen hat â eine Forderung, die zumindest teilweise lĂ€ngst erfĂŒllt ist, da Bundesangestellte NebentĂ€tigkeiten schon heute melden mĂŒssen. Den Angriff von SVP-Mann Zanetti auf die freie Berichterstattung aus dem Bundeshaus trug hingegen nur seine eigene Fraktion mit.
Die Vorstösse mĂŒssen nun noch vom StĂ€nderat behandelt werden. Im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen vom 20. Oktober schlagen wir aber schon heute vor: Liste abspeichern und beim WĂ€hlen wieder hervorsuchen. Viel besser lĂ€sst sich nicht ablesen, wer im Bundeshaus auf die Gretchenfrage nach Transparenz eine befriedigende Antwort hat.