LogoLobbywatch

Bern will die Geldgeber kennen

29.09.2020 06:27 – Thomas Angeli

Ein starkes StĂŒck: Mit Bern hat in der Schweiz erstmals eine Stadt ĂŒber Transparenz bei der Finanzierung von Wahl- und AbstimmungskĂ€mpfen abgestimmt.

«Transparenzvorschriften dienen der freien Willensbildung der Stimmberechtigten und können das Vertrauen in die Politik stĂ€rken»: Der Satz stammt nicht etwa aus dem Argumentarium der Transparenz-Initiative sondern aus der offiziellen Empfehlung der Stadt Bern zur Abstimmung vom vergangenen Wochenende ĂŒber die «Offenlegung der Finanzierung von politischen Parteien und Kampagnen».

Das Argument hat offensichtlich verfangen: Bei einer rekordverdĂ€chtig hohen Stimmbeteiligung von 66.9 Prozent legten 88.3 Prozent der Stimmenden ein Ja in die Urne. Klarer hĂ€tte das Resultat kaum sein können: Bern erhĂ€lt deshalb als erste Schweizer Stadt ein Reglement fĂŒr mehr Transparenz bei der Politikfinanzierung.

So mĂŒssen die Stadtberner Parteien kĂŒnftig ihre Einnahmen und Ausgaben offenlegen. Auch die Aufwendungen fĂŒr Wahlkampagnen mĂŒssen von den Politikerinnen und Politiker transparent gemacht werden. Wenn die Kosten fĂŒr einen Wahl- oder Abstimmungskampf 5000 Franken ĂŒbersteigen, mĂŒssen Einnahmen, Ausgaben und die Herkunft der Mittel an die Stadtkanzlei gemeldet werden.

In allen FĂ€llen gilt: Bei Grossspenden ab 5000 Franken muss die IdentitĂ€t des Spenders oder der Spenderin offengelegt werden. Bei Spenden zwischen 1000 und 5000 Franken verlangt das Reglement lediglich, dass diese einzeln als Betrag ausgewiesen werden. Anonyme Spenden sind – mit Ausnahmen von BetrĂ€gen bis 100 Franken pro Person in Spendentöpfen – verboten.

Dass die nun festgeschriebenen BetrĂ€ge nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigen die Budgets der Kandidierenden fĂŒr die Stadtberner Exekutive (Gemeinderat) bei den Wahlen vom 29. November, welche der «Bund» Mitte September publizierte. StadtprĂ€sident Alec von Graffenried (GFL) operiert mit einem Budget von 110 000 Franken. Davon sind 90 000 Franken Spenden. Sein Gemeinderatskollege Michael Aebersold (SP) kommt immerhin auf 35 000 Franken. Er rechnet mit Spenden in der Höhe von 11 000 Franken.

Offenlegen mĂŒssen von Graffenried, Aebersold und Co. ihre Einnahmen und Ausgaben bei den anstehenden Wahlen vom 29. November in der Stadt Bern jedoch noch nicht: Das Reglement tritt erst nachher in Kraft.

Bild: ninfaj @Flickr