LogoLobbywatch

Ach wie weit ist Kasachstan

13.06.2016 20:16 – Thomas Angeli

Als ob es nie eine AffĂ€re um Lobbyisten und den Einfluss von bezahlten NebenbeschĂ€ftigungen gegeben hĂ€tte: Der Nationalrat hat gleich vier Transparenz-Vorstösse bachab geschickt – und damit ein weiteres Mal eine Chance verpasst.

Als die NZZ im Mai 2015 aufdeckte, dass die jetzige NationalratsprĂ€sidentin Christa Markwalder einen Vorstoss eingereicht hatte, den die Lobbyistin Marie-Louise Baumann im Auftrag einer dubiosen kasachischen Partei verfasst hatte, war die Empörung gross. Entsprechend zahlreich waren die Vorstösse, die von den Mitgliedern von National- und StĂ€nderat mehr Transparenz forderten. Der «Beobachter» zĂ€hlte nicht weniger als 11 Vorstösse. Das BĂŒro des Nationalrats sprach sich noch im August 2015 explitz fĂŒr eine «umfassende und vertiefte politische Diskussion» aus mit dem Ziel, «wirksame und pragmatische Lösungen zu finden, welche der RealitĂ€t eines Milizparlaments Rechnung tragen».

Bloss: Das war vor den Wahlen.

Am Montag hat der Nationalrat gleich vier dieser Vorstösse abgelehnt – ohne umfassende und vertiefte politische Diskussion. So wollte der Nidwaldner SVP-Nationalrat Peter Keller seine Ratskolleginnen und -kollegen verpflichten, ihre EinkĂŒnfte aus NebenbeschĂ€ftigungen in einer zehnstufigen Skala einzuordnen und so offenzulegen. Obschon es von dieser Pflicht gewichtige Ausnahmen gegeben hĂ€tte, hatte das Ansinnen keine Chance. CVP-NationalrĂ€tin Ruth Humbel bezeichnete diesen Vorschlag fĂŒr mehr Transparenz als «weder nötig noch praktikabel»: Der Nationalrat schmetterte Kellers Forderung mit 114 zu 69 Stimmen ab. Zwei Vorstösse von linker und grĂŒner Seite, die in eine Ă€hnliche Richtung zielten, wurden gar noch deutlicher bachab geschickt.

Selbst unverbindliche Formulierungen chancenlos

Wie wenig einer Ratsmehrheit an Transparenz liegt, zeigt auch das Resultat der Abstimmung ĂŒber eine weitere parlamentarische Initiative von Peter Keller: Unverbindlicher hĂ€tte er seine Forderungen nicht formulieren können: Er hatte lediglich verlangt, dass die Ratsmitgliedern die Möglichkeit eingerĂ€umt werde, ihre EinkĂŒnfte aus meldepflichtigen TĂ€tigkeiten freiwillig melden dĂŒrften. Aber sogar davon wollte der Nationalrat nichts wissen: Mit 104 zu 73 Stimmen war die Idee vom Tisch.

So bleibt transparenzwilligen Parlamentarierinnen und Parlamentariern bloss die Veröffentlichung dieser Angaben auf ihrer eigenen Website – oder sie deklarieren ihre EinkĂŒnfte gegenĂŒber der Transparenzplattform Lobbywatch. Wir erheben diese Daten wenn wir den Ratsmitgliedern unsere Recherchen zu ihren Interessenbindungen zur Autorisierung unterbreiten. Die ersten Parlamentarier haben davon bereits Gebrauch gemacht.

Im Gegensatz zum Parlament findet Lobbywatch, dass Demokratie Transparenz braucht. Helfen Sie uns dabei, werden Sie Mitglied von Lobbywatch oder unterstĂŒtzen Sie unsere Arbeit mit einer Spende auf PC 89-584470-6.