05.01.2017 21:25 â Otto Hostettler
Das Jahr 2016 hat vor allem eines gezeigt: Im Bundeshaus wehrt sich die Mehrheit von National- und StÀnderat weiterhin standhaft gegen griffige Transparenzregeln.
Das Erfreuliche vorab: Lobbywatch hat 2016 einen wichtigen Meilenstein geschafft. Das Team der Plattform fĂŒr transparente Politik hat in akribischer Arbeit alle Recherchen ĂŒber sĂ€mtliche 246 National- und StĂ€nderĂ€te abgeschlossen. Noch bevor alle Angaben online durchsuchbar sind, zeigt sich eine erschreckende Erkenntnis: Fast bei jedem zweiten Parlamentsmitglied sind wir auf TĂ€tigkeiten gestossen, die â entgegen der gesetzlichen Regelung â nicht deklariert wurden. Weil aber keine offizielle Stelle kontrolliert, ob die Transparenzregelung des Parlamentsgesetzes eingehalten wird, bleibt Lobbywatch die einzige Instanz, welche diese Verstösse aufdeckt.
National- und StĂ€nderat finden nĂ€mlich, es brauche nicht mehr Transparenz. 2016 lehnte das Parlament eine ganze Reihe von Vorstössen ab, die auf mehr Transparenz abzielten. Sogar völlig unverbindliche Regelungen fanden keine Mehrheit. DenkwĂŒrdiger Höhepunkt in dieser Diskussion: Der Nationalrat lehnte es im Sommer mit 103 zu 73 Stimmen ab, dass Ratsmitglieder ihre EinkĂŒnfte aus ihren TĂ€tigkeiten freiwillig melden dĂŒrften.
Immerhin tut sich etwas fĂŒr eine etwas verbindlichere Regelung, was der Zugang von Lobbyisten ins Bundeshaus betrifft. Im April hat sich nach dem StĂ€nderat auch die Nationalratskommission fĂŒr ein Lobbyregister ausgesprochen. Jetzt wird ein Gesetz ausgearbeitet, wonach sich kĂŒnftig Lobbyisten registrieren und ihre Interessen offenlegen mĂŒssen. Bisher können sie problemlos in die nichtöffentlichen Bereiche des Bundeshauses marschieren, ohne ihre Auftraggeber und TĂ€tigkeiten offenzulegen. Dazu beschaffen sie sich einfach von einem Parlamentarier einen Zutrittsausweis und melden sich bei den Parlamentsdiensten als «Gast» an.
Lobbywatch hat letztes Jahr nicht nur die Interessenbindungen der National- und StĂ€nderĂ€te fertig recherchiert, sondern auch diejenigen der GĂ€ste der Parlamentsmitglieder. Somit existiert erstmals ein vollstĂ€ndiger und fĂŒr jedermann zugĂ€nglicher Ăberblick darĂŒber, wer in den eidgenössischen RĂ€ten in wessen Interessen agiert.
FĂŒr die Sommersession 2016 sammelte und publizierte Lobbywatch ĂŒberdies erstmals die Einladungen zu Lobbyveranstaltungen, mit denen die Parlamentsmitglieder ĂŒberhĂ€uft werden. Auf einer interaktiven Karte konnten wir die Lobby-Hotspots der Bundesstadt aufzeigen. Fazit der dreiwöchigen Aktion: Mitglieder der eidgenössischen RĂ€te können sich vor lauter «Informationsveranstaltungen», «SessionsanlĂ€ssen» und «ApĂ©ros riches» kaum entscheiden, von wem sie sich durch die Sitzungspausen futtern (und beeinflussen) lassen wollen.
Das erwartet uns 2017
Lobbywatch ist ĂŒberzeugt: Demokratie braucht Transparenz. Und so geht uns die Arbeit nicht aus. In den nĂ€chsten Wochen und Monaten arbeiten wir mit Hochdruck an einer Visualisierung der recherchierten Daten. Nur wenn es gelingt, TĂ€tigkeiten von Politikern anschaulich darzustellen, können auch Interessenkonflikte offengelegt werden. Allerdings ist Transparenz nicht gratis zu haben. Deshalb werden wir noch im Januar fĂŒr die Finanzierung dieser Visualisierung eine Sammelaktion (Crowdfunding) starten.
Im Gegensatz zum Parlament findet Lobbywatch, dass Demokratie Transparenz braucht. Helfen Sie uns dabei, werden Sie Mitglied von Lobbywatch oder unterstĂŒtzen Sie unsere Arbeit mit einer Spende auf PC 89-584470-6.